Jung schwul se berlin
Die Provinz ist nun mal konservativ und intolerant. Stimmt das? Noch immer? Ein Besuch. Wahrscheinlich wäre Marco auch abgehauen, wenn er nicht schwul wäre. Warum hätte er auch bleiben sollen, seine Heimat war zu klein, zu langweilig für einen Mann in seinem Alter: Wittlich, eine Kleinstadt in der Eifel, Wer jung ist, zieht weg von hier, Studium in Mainz, Köln, Heidelberg, ein Freiwilliges Soziales Jahr im Ausland vielleicht.
Hauptsache, weg aus der Provinz. Marco ging nach dem Abitur zum Zivildienst nach Saarbrücken, Anfang der Neunziger war das. Hier ist man multikulturell und tolerant. Ganz anders als damals in Wittlich, sagt Marco. Wer ihn nicht kennt, käme nie auf die Idee, dass Marco schwul sein könnte.
Keine nasale Stimme, keine abgeknickten Handgelenke. Schwule Klischees sucht man an ihm vergeblich. Er trägt Acht-Tage-Bart und grinst selbstbewusst.
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Vielleicht hat ihm sein Auftreten geholfen, als er in den Achtziger- und Neunzigerjahren aufwuchs. Wittlich war damals eine Stadt, in der es Homosexualität nicht gab. Man kannte keine Schwulen, man sprach nicht über sie. Homosexualität war in Wittlich etwas Fremdes, die Leute hatten Angst davor.
Als Jugendlicher kann Marco mit niemandem über seine Gefühle sprechen. Ich habe gedacht, das ist was Verbotenes, Ungewöhnliches, Unnormales. Er schämt sich dafür. Mit viel Mühe sucht er sich zusammen, was er in den Medien über Homosexualität findet. Am Bahnhofskiosk und an Tankstellen kauft er Schwulenmagazine, Du und Ich zum Beispiel, manchmal lässt er sich die Magazine auch zuschicken.
Einmal findet er in einer Buchhandlung ein Buch über Schwule. Mit klopfendem Herzen geht er zur Verkäuferin, bezahlt es — und lässt es als Geschenk verpacken. Diesen und viele andere spannende Texte finden Sie in der sonntaz vom 2. Februar Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo.
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